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Lese-, Rechtschreib- und Rechenschwierigkeiten – Lerntherapeuten bieten Hilfe und Rat

Das Halbjahreszeugnis treibt aktuell manchen Familien wieder Sorgenfalten auf die Stirn. Können ansonsten durchschnittlich begabte Kinder nicht ausreichend lesen, schreiben oder rechnen, sind sie auch vom allgemeinen Bildungsweg ausgeschlossen. Lesen, Schreiben und Rechnen sind Schlüsselqualifikationen für erfolgreiche Schulbesuche und Ausbildungen. Besorgte Eltern suchen daher Hilfe und Rat. Eine geeignet Maßnahme wäre hier oftmals die integrative Lerntherapie.

Aktuell sind rund fünf Prozent unserer Bevölkerung von einer Lese-, Rechtschreib- oder Rechenstörung betroffen.* Leiden Kinder darunter, brauchen sie spezielle Unterstützung, um diese Techniken zu erlernen, denn sie verarbeiten Laute, Buchstaben, Mengen oder Zahlen anders als nicht betroffene Kinder. Eltern und auch Lehrer wissen dies oftmals nicht. Geben sie diesen Kindern aus guter Absicht heraus Nachhilfe, hilft das ebenso wenig wie schulischer Förderunterricht. Oft löst dies bei den Kindern sogar Selbstzweifel und zusätzliche Symptome wie Schulängste, Bauchschmerzen, Konzentrations- oder Verhaltensstörungen aus. Lerntherapie ist dagegen ein spezialisiertes Angebot für Kinder mit den genannten Teilleistungsschwächen. Gemeinsam mit Kind, Eltern und Schule suchen Lerntherapeuten einen individuellen Zugang zur Schriftsprache oder zum Rechnen. Lerntherapeuten vor Ort findet man zum Beispiel über die Homepage des Fachverbandes für integrative Lerntherapie: www.lerntherapie-fil.de. Diese können auch darüber informieren, welche Finanzierungsmöglichkeiten vor Ort bestehen.

Lilo Gührs, Vorstandsvorsitzende des Fachverbands für integrative Lerntherapie e.V. (FiL), erklärt die besondere Situation der Kinder: „Ihre Lage scheint ausweglosen zu sein. Sie bemühen sich permanent mehr als ihre Klassenkameraden, leiden aber, weil sie täglich Misserfolge hinnehmen müssen. Vom Unterricht können sie nicht profitieren, weil er zu ihrem Leistungsstand nicht mehr passt. Ein Erwachsener, der im Beruf ständig negative Rückmeldung bekommt, würde den Job wechseln – Kinder haben diese Möglichkeit nicht. Es ist ein Wunder, dass sie ein Diktat überhaupt noch mitschreiben, obgleich sie wissen, dass das Ergebnis wieder verheerend sein wird!“

Je früher ein Kind lerntherapeutisch unterstützt wird, desto besser sind seine Aussichten, wieder zum Rest der Klasse aufzuschließen. Zudem fordert Lilo Gührs, Lerntherapeuten wie Sonderpädagogen an Schulen anzubinden. „Wenn unsere Lehrer in jeder Schule auf Lerntherapeuten zurückgreifen könnten, könnten sie schnell und passend Hilfsmaßnahmen veranlassen und diese optimal in den Unterricht integrieren,“ fährt Gührs fort. Dies sei aktuell leider noch nicht der Fall. Erwachsene Legastheniker, die sich öffentlich dazu bekennen, haben einen Weg gefunden, mit ihrer Störung umzugehen und erfolgreich zu sein. Die Menschen, die das nicht geschafft haben, schweigen eher aus jahrelang aufgebauter Scham. 7,5 Millionen funktionale Analphabeten** in unserem Land versäumten nicht alle den Schulbesuch, sondern erlebten Schule wie Eltern hilflos im Versuch, sie hinreichend zu unterstützen, so Gührs.

 

* LMU München, Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, www.kjp.med.uni-muenchen.de und Landerl/ Kaufmann, von Aster, Jacobs/Petermann
** Bestandsaufnahme im Auftrag des BMBF, Level-One Survey (leo) 28.02.11, www.bmbf.de)