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Warum schwache Schüler von den Schulreformen vergangener Jahre kaum profitieren - Lerntherapie könnte Schule entlasten

Der Bericht der OECD benennt Zusammenhänge, die dazu führen, dass insbesondere sogenannte leistungsschwache Schüler in Schule scheitern und nicht von den vielen Veränderungen, Reformen und Paradigmenwechseln profitieren. Dies geht aus dem aktuellen OECD-Bericht zum Thema „Low Performing Students“ hervor. Die Zahl dieser Schüler ist zwar insgesamt kleiner geworden, jedoch erweist sich die soziale Herkunft erneut als wesentliches Kriterium des Schulerfolgs oder -versagens. Nach wie vor ist der „Geldbeutel“ und die Bildungsnähe bzw. -ferne der Eltern entscheidend.

„Diese Tatsache zeigt sich gerade bei Kindern mit Lernstörungen wie die Legasthenie und Dyskalkulie (Rechenstörung)“, erklärt Marlies Lipka, Geschäftsführerin des Fachverbandes für integrative Lerntherapie e.V. (FiL), und fährt fort: „Kinder mit großen Schwierigkeiten beim Schriftsprach- und Mathematikerwerb, denen alle schulischen Fördermaßnahmen nicht genügen, benötigen oft eine Lerntherapie, also eine spezifische Hilfeform bei Lernstörungen.“ Diese Schülerinnen und Schüler könnten davon profitieren, dass Lerntherapie wie etwa Schulsozialarbeit zum Angebot jeder Schule gehören würde, das zeigen vielfältige Projekte. Die Kinder erhalten die individuelle Hilfe, die sie brauchen. Die Lehrkräfte werden entlastet und gleichzeitig in ihrer Professionalität gestärkt, weil sie die Schüler erkennen, die zusätzlich Hilfe brauchen. Schulen haben in den letzten Jahren einen gigantischen Veränderungsprozess durchlaufen, die Herausforderungen sind stetig gestiegen, nicht zuletzt durch die Forderung nach inklusiven Schulen. Sinnvolle Kooperationen sind dabei unerlässlich.

Aktuell aber muss eine Lerntherapie meistens von Eltern selbst finanziert werden. Erst wenn ihr Kind aufgrund der Lernstörung psychisch reagiert und damit von einer „seelischen Behinderung“ bedroht ist, kann sie in Form der Eingliederungshilfe vom Jugendamt übernommen werden. Das geschieht jedoch nur, wenn die Eltern aktiv werden, das Jugendamt aufsuchen, Anträge stellen und Gutachten einholen. Eine Unterstützung bei diesem Antragsverfahren gibt es kaum. Obwohl die Eingliederungshilfe der Wille des Gesetzgebers ist, ist der Weg zur Bewilligung oft „steinig“. Nicht selten wird sie erst nach einem Widerspruchsverfahren erteilt. Fazit: Entweder die Eltern zahlen selbst oder sie sind, wenn dann das Kind „in den Brunnen gefallen ist“, in der Lage das Antragsverfahren zu durchlaufen.

„Es ist nicht nachgewiesen, wie hoch der Anteil der Kinder mit Lernstörungen in der Gruppe der Kinder ist, die auch im Alter von 15 Jahren in Mathematik, Naturwissenschaften und Lesen nur unterdurchschnittlich abschneiden, die Kinder also, die in der genannten Studie erfasst wurden“, räumt Marlies Lipka ein, „aber der Verdacht liegt nahe, dass es zumindest eine zu beachtende Zahl ist.“ Die leo.-LevelOne-Studie (leo.-Studie) ermittelte 2011, dass 7,5 Millionen Deutsch sprechende Erwachsene über so geringe Kompetenzen im Lesen und Schreiben verfügen, dass sie nicht in vollem Maße selbstständig am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Fast alle hatten eine Schule besucht.